Chronik der Abteilung Karate des BCAs

1981 gründete sich in der damaligen Betriebssportgemeinschaft Berlin Chemie eine Sektion Kraftsport II. Nicht Eingeweihte wären leicht verwundert gewesen, hätten sie den vermeintlichen Muskelmännern beim Training zugeschaut. Mit Hanteln hatten die Sportler nämlich nichts am Hut, stattdessen flogen Arme und Beine durch die Luft. Die waffenlose Kampfkunst „Karate-Do" war in der DDR nicht offiziell gefördert und zeitweilig sogar verboten. Man fürchtete um die Sicherheit der Arbeiter- und Bauernmacht. Deshalb wurde Karate heimlich oder unter falschem Namen geübt. Unter ihrem Deckmantel Kraftsport war die Sektion von Berlin Chemie eine der ersten organisierten Karate-Trainingsgruppen überhaupt in Ostdeutschland.

Seit 1971 bereits praktizierte ihr Trainer Axel Dziersk diese Kampfkunst parallel zu seinem Judotraining. Seine frühen Mitstreiter vertrauten auf die langjährigen positive Erfahrungen mit dem Judoka, als sie zehn Jahre später gemeinsam die Karate-Gruppe aus der Taufe hoben. Für dieses Vertrauen sind die seit damals aktiven Mitglieder im Vereinsvorstand Axel Dziersk bis heute dankbar.

Im Jahr 1983 wurde ihr Trainer der erste offiziell geprüfte Schwarzgurt in der DDR. Jedoch gab es kaum Quellen zum Studium der traditionellen japanischen Karate-Stile. Einige wenige Bücher fanden sich in der Staatsbibliothek, so oft wie möglich wurden Karate-Freunde in Tschechien, Ungarn und Polen besucht. Später konnten wichtige Kontakte nach Westberlin und zum bundesdeutschen Nationaltrainer Hideo Ochi geknüpft werden. In seinem Dojo (ein zum Trainingsraum umgebauter Teil seines ehemaligen Pferdestalls) bestand Axel Dziersk 1986 bei ihm die Prüfung zum 2. Dan. Bis heute prüfte Sensei Ochi alle Schwarzgurte des Vereins. Eine aus der Karate-Gruppe heraus gegründete Stuntmangruppe (Reiten/Fechten/Judo/Karate) erregte ab Mitte der achtziger Jahre DDR-weit öffentliche Aufmerksamkeit. Sie wirkte in zahlreichen DEFA-Filmen mit, trat mit spektakulären Shows in Varietes und bei Veranstaltungen auf. Vor allem das Duo Axel Dziersk und Jörg Kohl wurde durch viele Medienberichte im ganzen Land bekannt und begründete so eine der wichtigen, nach wie vor einflussreichen Wurzeln des Karate in der DDR. So erregten sie mit ihrer technisch perfekten Samurai-Show beim Karate-Worldcup 1987 in Budapest großes Aufsehen. Die Organisatoren forderten daraufhin die mitgereisten Vereinssportler auf, als „DDR-Mannschaft" an den Wettkämpfen teilzunehmen. Aus Sorge um sich selbst und ihren Heimatverein Berlin Chemie lehnten die Karatekas jedoch schweren Herzens ab.

Nach dem Ende der DDR konnten sie jedoch national wie international Erfolge feiern. Eine Sportlerin (Anika Holz) holte sich in Mexiko zur WM 1995 einen 4. Rang. Mehrfach errangen die Wettkampfkader Medaillen bei Berliner Ranglistenturnieren und Meisterschaften. Auch bei Studentenmeisterschaften, internationalen Turnieren und der EM 1996 in Stockholm konnten sie Edelmetalle sammeln. Die erfolgreichsten Wettkämpfer waren bzw. sind neben Anika Holz u.a. Beate Krüger, Guido Wallmann, Lars Löwe und Andreas Langer. Viele von ihnen sind heute als Trainer in verschiedenen Karate-Vereinen aktiv.

Zwischen 100 und 150 Mitgliedern zählte die Abteilung Karate konstant in den zurückliegenden Jahren. Die jüngsten fünf, die ältesten sechzig Jahre alt war diese Mischung immer auch eine der Ursachen für den beständigen Nachwuchs an erfolgreichen Karate-Sportlern.

In den letzten zwanzig Jahren konnten wir schon einige charakteristische Linien in der deutschen Karate- Landschaft ziehen, worauf wir persönlich und als Verein besonders stolz sind. Diese Tradition ist uns Verpflichtung und natürlich zukünftige Aufgabe, um die Kampfkunst Karate weiter zu pflegen und zu verbreiten.

geschrieben von Thomas Heße und Thomas Feig